Innovatives Abfallmanagement
In Äthiopien liegt das Müllmanagement nicht in den Händen des Staates, sondern ist dezentral auf die Privatpersonen verteilt. Diese stehen jedoch aufgrund von Haushalts- und Infrastrukturproblemen vor großen Herausforderungen, die zunehmende Abfallmenge zu bewältigen. Prognosen zufolge wird sich das Müllaufkommen von 2015 – 9.700 Tonnen täglich – bis 2030 nahezu verdoppeln. Besonders die Entsorgung von medizinischem Abfall stellt ein großes Problem dar, da dieser oft gefährliche Stoffe enthält und eine spezielle Behandlung erfordert. Doch nun gibt es auch in Bushulo eine innovative und umweltfreundliche Methode zur Entsorgung von Krankenhausabfällen.
Wenn man durch die Straßen von Hawassa, Äthiopien spaziert, kann es schnell unangenehm werden: Der beißende Geruch von Plastik, das auf der offenen Straße verbrannt wird, liegt in der Luft. Ebenso wird oft nasses, grünes Material verbrannt, was nicht nur die Luftverschmutzung verstärkt, sondern auch gesundheitsschädlich ist. Diese Praktiken stellen ein ernsthaftes Problem für die Umwelt und die öffentliche Gesundheit dar, vor allem in städtischen Gebieten, wo die Abfallmenge weiterwächst.
Für die Entsorgung von Plastikabfällen und anderen nicht biologisch abbaubaren Materialien wurde in vielen Teilen des Landes bisher keine nachhaltige Lösung gefunden. Gleichzeitig wächst die Notwendigkeit, insbesondere medizinische Abfälle sicher und hygienisch zu entsorgen. In Bushulo jedoch hat man nun eine Methode entwickelt, die diesen Herausforderungen begegnet und zugleich die Umwelt schont. Diese neue Technologie bietet nicht nur eine Möglichkeit, Abfälle sicher und effizient zu behandeln, sondern fördert auch den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und die Verbesserung der Lebensqualität. Die Entwicklungen in Bushulo könnten als Modell für andere Regionen dienen, die vor ähnlichen Problemen stehen.
Sortieren für die Kreislaufwirtschaft
Um einen ersten Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft zu gehen, wird der gesamte Müll des Krankenhauskomplexes in zwei großen Containern gesammelt und anschließend nach Verwertungsmöglichkeiten sortiert: Recycling, Weiterverkauf oder angemessene Entsorgung. Organische Abfälle, wie Küchenabfälle aus der Cafeteria und Gartenreste, werden kompostiert und in nährstoffreiche Erde verwandelt, die anschließend wiederverwendet werden kann. Glasabfälle finden eine alternative Nutzung – sie werden geschreddert und als Betonzuschlagstoff für den Bau neuer Gebäude eingesetzt. Der restliche Glasmüll sowie der gesammelte Plastikabfall werden weiterverkauft und finden eine neue Verwendung in der Industrie. Der verbleibende Restmüll wird in einem modernen, umweltfreundlichen Verbrennungsofen entsorgt, der die Abfälle sicher und effizient behandelt.
Die Verbrennung: Die Verbrennung im neuen Hochtechnologie-Ofen erfolgt zunächst bei 400 Grad Celsius, wobei die meisten organischen Abfälle wie Papier, Holz und Plastik in ihre Grundbestandteile wie Kohlendioxid und Wasser zersetzt werden. Diese Temperaturen reichen aus, um viele Abfälle zu verbrennen, doch nicht alle Schadstoffe werden dabei vollständig eliminiert. Der entstehende Rauch, der noch giftige Gase und Partikel enthält, wird in einem zweiten Schritt bei 850 Grad Celsius nachverbrannt. Durch diese hohe Temperatur werden auch schwer abbaubare Verbindungen wie Kohlenmonoxid und Dioxine vollständig oxidiert und in harmlose Substanzen umgewandelt. Zusätzlich sorgen moderne Abgasreinigungssysteme, wie Scrubber dafür das schädliche Emissionen aus den Abgasen entfernt werden. Diese Prozesse tragen nicht nur dazu bei, die Luftqualität zu verbessern, sondern auch das Volumen des Mülls erheblich zu reduzieren. So wird der Abfall auf effiziente und umweltfreundliche Weise entsorgt und die Belastung für die Umwelt minimiert.
Vor der Einführung dieses Systems wurden Abfälle auf offenen Feuerstellen verbrannt – ein gefährlicher Prozess, bei dem häufig Schadstoffe freigesetzt wurden und der gesamte Bereich des Krankenhausgeländes verraucht war, besonders wenn nasses Material verbrannt wurde. Der neue Verbrennungsofen hat das Abfallmanagement im Krankenhaus erheblich verbessert und ist für die Region eine technische Neuheit. Viele Besucher des Krankenhausgeländes sind beeindruckt von dieser Innovation, da solche Technologien in der Umgebung bislang kaum zu finden sind. Das Konzept für die Abfallbewirtschaftung wurde nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus infektionspräventiven Gründen entwickelt. Besonders medizinische Abfälle müssen hygienisch und sicher entsorgt werden, um Risiken für die Gesundheit der Bevölkerung zu minimieren. Um die Sicherheit zu gewährleisten, wurde das Personal im sicheren Umgang mit dem Verbrennungsofen geschult und mit spezieller Schutzkleidung ausgestattet. Zuvor arbeiteten die Arbeiter auf unsicheren Mülldeponien, wo es oft zu Unfällen kam, etwa durch das Einstürzen von Deponien, was fatale Folgen hatte.
Verbrennung früher (links) und der neue Verbrennungsofen heute (rechts)
Schulung und Sicherheit
Die Schulung und Ausstattung der lokalen Mitarbeiter sind entscheidend für den Erfolg des Programms. Im Gegensatz zur Arbeit auf den Mülldeponien, wo Sicherheitsvorkehrungen oft fehlen, sorgt der neue Verbrennungsofen für eine deutlich sicherere Arbeitsumgebung. Durch das Training und die Bereitstellung geeigneter Schutzkleidung können die Arbeiter ihre Aufgaben nun ohne die früheren Gesundheitsrisiken und Unfälle ausführen. Besonders in Äthiopien, wo der Klimawandel zunehmend spürbar wird – wie die Dürre 2020 und die verheerenden Erdrutsche in 2024 zeigen, die viele Menschenleben kosteten – ist es von großer Bedeutung, umweltfreundliche und sichere Lösungen zu finden.
Kompostierung
Ein weiterer Fortschritt im Müllmanagement des Krankenhauses ist die Kompostierung von organischen Abfällen. Früher wurden Blätter und andere Gartenabfälle verbrannt, was nicht nur zu unnötiger Luftverschmutzung führte, sondern auch den Stickstoff und andere wertvolle Nährstoffe verlor, die in der Natur zur Bodenqualität beitragen können. Heute werden diese organischen Abfälle, zusammen mit dem Küchenmüll aus der Cafeteria, zu Kompost verarbeitet. Der so gewonnene Kompost kann dann wieder für die Gartenpflege und Landwirtschaft auf dem Gelände genutzt werden. Diese Methode sorgt nicht nur für eine Reduktion der Abfallmenge, sondern trägt auch zur Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft bei, ohne dass Stickstoff und andere nicht-organische Materialien verbrannt werden müssen.
Durch diese Maßnahmen im Bereich Müllmanagement hat das Krankenhaus in Bushulo nicht nur seine Umweltbilanz verbessert, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung und zur Verbesserung der Lebensqualität der lokalen Bevölkerung.
Das Abfallmanagementzentrum
Um einen Platz für die Müllverwertung zu schaffen, entstand das Abfallmanagementzentrum neben dem technischen Wartungszentrum. Wie schon beim Wartungszentrum wurden Baucontainer in das Gebäude integriert, um Ressourcen zu schonen. Zwei neu gestrichene Container stehen parallel an beiden Seiten des Gebäudes und dienen als Lager für den Krankenhausmüll. Zusätzlich bieten sie Platz für ein kleines Büro mit Telefon und elektrischem Anschluss. In der Mitte des Gebäudes steht der neue Verbrennungsofen. Dieser ersetzt den alten Ofen, dessen Nutzung mit einer hohen Rauchentwicklung einherging.
Im neuen Verbrennungsofen wird der hinterbliebene Plastikmüll zusammen mit dem infektiösen Müll bei sehr hohen Temperaturen verbrannt. Das entstehende Rauchgas wird auf circa 1000°C erhitzt, um dann beim Einsprühen von Wasser die Feinpartikel binden zu können. Die Partikel werden dann als Schlamm abgeführt. Dieser Prozess hinterlässt kaum solide Rückstände und durch das Filtern des Rauches vor der Emission wird der Ausstoß an Kleinpartikeln deutlich reduziert.
„Dieser Ofen ist eine kostspielige Anschaffung, sollte aber für alle medizinischen Einrichtungen in Äthiopien ein Muss sein.“
Der Baufortschritt
Der Bauprozess startete im Juli 2023 mit der Räumung des Standortes und der Aushebung für das Fundament. Alte Frachtcontainer wurden neu angestrichen und parallel zueinander auf dem Fundament platziert. Im Anschluss wurde der Bereich für die Fenster und Türen herausgeschnitten und diese anschließend eingesetzt. Nach den Installationen für die Elektrizität sowie dem Sanitärbereich konnte im Dezember 2023 mit dem Bau der Dachkonstruktion begonnen werden. Im Frühjahr 2024 wurde das Dach fertiggestellt und die Innenräume der Container verputzt sowie gestrichen. Der nächste Schritt war das Einsetzen des Verbrennungsofens.